Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam

Bildung für nachhaltige Entwicklung im Lausitzer Strukturwandel

18.05.2021

Wie können Schülerinnen und Schüler den Strukturwandel in der Lausitz verstehen und sich sogar aktiv einbringen? In einer Studie zeigen IASS-Forschende, wie Lehrkräfte die Veränderungen in der Braunkohleregion zum Unterrichtsthema machen können. Ziel ist es nicht nur Diskussionen anzuregen, sondern auch die Jugendlichen zu befähigen, sich an der Gestaltung des Strukturwandels zu beteiligen.

In der Lausitz kooperieren Schulen mit Initiativen vor Ort, wie hier in der Kulturfabrik Hoyerswerda.
In der Lausitz kooperieren Schulen mit Initiativen vor Ort, wie hier in der Kulturfabrik Hoyerswerda.

Den Strukturwandel in der Lausitz sehen der Wirtschafts- und Erziehungswissenschaftler David Löw Beer und die Kultur- und Erziehungswissenschaftlerin Verena Holz als ideales Thema für Bildung für nachhaltige Entwicklung. „In Strukturwandelprozessen steht im Vordergrund oft die unmittelbare Aufgabe, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für neue Tätigkeiten zu qualifizieren. Wir meinen aber, dass die Gesellschaft langfristig von einem breiteren Verständnis von Bildung profitiert. Dieses umfasst das Ermöglichen einer hohen und nachhaltigen Lebensqualität innerhalb einer demokratischen Gesellschaft“, sagt Löw Beer. Lehrkräfte sollten den Strukturwandel daher mit ihren Schülerinnen und Schülern nicht nur diskutieren, sondern sie auch darin begleiten, sich aktiv einzubringen.

Schulen kooperieren mit Initiativen vor Ort

Der Strukturwandel ist mit erheblichen Unsicherheiten verbunden, auch für junge Menschen. Um sie in der Region zu halten, reicht es laut Löw Beer und Holz nicht aus, Ressourcen bereitzustellen und Pläne zu entwickeln. Vielmehr muss es auch darum gehen, Perspektiven zu entwickeln, wie junge Menschen den Strukturwandelprozess zu ihrem eigenen machen können. Die Schulpolitik in Brandenburg und Sachsen bietet dafür Ansatzpunkte. Es bedarf jedoch mutiger Initiativen vor Ort, um zu einem beteiligungsorientierten und auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Schulsystem zu gelangen. Schließlich sollten die Erkenntnisse aus den Modellprojekten vor Ort in die Öffentlichkeit und in relevante politische Gremien, wie die Landesregierungen, getragen werden.

Schülerinnen und Schüler zu beteiligen, ist aus demokratiepolitischer Sicht wünschenswert, weil es den Betroffenen eine Stimme gibt. Aus pädagogischer Sicht liegt in der Mitbestimmung ein hohes Potenzial an Lerneffizienz. Aushandlungsprozesse, an denen sich die Jugendlichen beteiligen können, sind etwa die Debatten um die Ausgestaltung und Prioritäten in der kommunalen Infrastruktur, von der die Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen in besonderem Maße abhängt.

Lehrkräfte vermitteln Wissen und Partizipationskompetenz

Die IASS-Forschenden empfehlen, verschiedene erziehungswissenschaftliche Ansätze zu kombinieren: Das Transformative Lernen betont die Bedeutung weitgehend selbstbestimmter Lernformen, die sich mit persönlicher Entwicklung verbinden. Bildung für nachhaltige Entwicklung bietet einen Rahmen, in dem Transformationskonflikte verhandelt werden können. Sozioökonomische Bildung ermöglicht es, Entwicklungsprozesse als pfadabhängig, gestalt- und entwickelbar sowie moralisch bewertbar zu fassen. Demokratische Bildung unterstreicht die Bedeutung der Beteiligung und Reflexion an authentischen politischen Prozessen.

Ziel ist es, bei den Schülerinnen und Schülern vor allem zwei Kompetenzen zu fördern: Partizipationskompetenz sowie Wissen über Strukturwandel, regionale Wirtschaft und politische Strukturen. „Eine große Herausforderung besteht darin, Bildungsangebote an allgemeinbildenden Schulen so zu gestalten, dass ihre Wirkungen über den bloßen Wissenserwerb hinausgehen und die Schülerinnen und Schüler tatsächlich zur Gestaltung und Veränderung der Gesellschaft befähigen. Das bedeutet, dass schulische Bildung in diesem Sinne die Förderung von Handlungskompetenzen als zentrales Ziel verfolgen muss“, sagt Verena Holz. Eine erfolgreiche Befähigung zur Partizipation durch entsprechende Bildungsangebote könne junge Menschen für die Mitarbeit in Initiativen, Organisationen und Parteien gewinnen, ihre negativen Einstellungen abbauen und damit die Grundlagen für eine zukunftsorientierte Politik legen.

Löw Beer, D., Holz, V. (2021 online): Education for Sustainable Development in Structural Change Processes Using the Example of the Coal Phase-out in Lusatia. – Journal of Education for Sustainable Development. https://doi.org/10.1177/09734082211005040

Veranstaltung zum Thema:

Podiumsdiskussion am 29.05.2021

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Kontakt

David Löw Beer

Dr. David Löw-Beer

Forschungsgruppenleiter
david [dot] loewbeer [at] rifs-potsdam [dot] de
Bianca Schröder

Dr. Bianca Schröder

Referentin Presse und Kommunikation
bianca [dot] schroeder [at] rifs-potsdam [dot] de
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